Das Fernsehen als Informations- und Unterhaltungsmedium muss sich immer mehr gegen das schnelle und vielseitige Internet behaupten. Da bietet es sich doch an, Fernsehen mit Internet samt Medienwiedergabe zu verbinden. Wir erläutern, wie gut das funktioniert und wie der Videotext abgelöst werden soll.
Ob Hype oder tatsächliche Begeisterung: Online-Video-Portale wie YouTube werden immer beliebter, gerade bei jüngeren Leuten. Dass sich die Videounterhaltung bald nur noch im Web bei YouTube & Co. abspielt, dürfte allerdings im Hinblick auf die dort angebotenen Inhalte eher unwahrscheinlich sein.
Aber warum sollte man seinen Bekannten die neuesten Clips nicht am Fernseher präsentieren können? Und wofür MTV und Viva, wenn man sich bei YouTube mit seiner persönlichen Auswahl an Videoclips berieseln lassen kann?
Eine ähnliche Situation herrscht auch bei Nachrichten oder Klassikern wie dem Wetterbericht oder Staumeldungen: Was spricht dagegen, sich ergänzend zu den Fernsehnachrichten die neuesten Schlagzeilen und Berichte direkt aus dem Internet zu holen und auf dem Fernseher darzustellen?
Und was ist mit weiterführenden Informationen? So versuchen die TV-Sender schon seit einiger Zeit, eine Brücke zwischen klassischem Fernsehen und dem Internet zu schlagen – mit Hinweisen wie "weitere Informationen finden Sie bei uns im Internet unter
www.xyz.de". Was bisher fehlte, waren die passenden Geräte, die beide Medien beherrschen. Erste Ansätze gibt es jetzt: Sony, Panasonic, Samsung und Philips bieten das Internet jetzt auch im Fernseher an – mit gewaltigen Unterschieden.
GrundausstattungSony hält sich hier noch am meisten zurück: Während in den USA bereits Funktionen zum Abruf von Online-Clips von YouTube und Wired.com eingebaut sind, möchte man derartige Funktionen erst in die Modelle einbauen, die 2010 in Europa auf dem Markt erscheinen. Derzeit begnügt sich Sony mit der Anzeige von (selbst einstellbaren) RSS-Feeds sowie einfachen Standard-Widgets wie Kalender und Weltzeituhr. Weitere (sinnvollere) Widgets dürften allerdings noch folgen – die Online-Anbindung macht´s möglich.
Panasonic nennt seine Netzanbindung Viera Cast, ein Testgerät konnte uns der Hersteller allerdings nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen. Viera Cast erlaubt den Zugriff auf Nachrichten der "ARD-Tagesschau" und von "Bloomberg TV", der "Eurosport"-Kanal liefert Sportnachrichten. Natürlich darf auch hier "YouTube" nicht fehlen, und mit "Picasa" lassen sich auch Bilder aus dem Web auf den Fernseher holen.
Die Viera-Fernseher erlauben auch die Wiedergabe digitaler Medieninhalte, die über einen DLNA-Server angeliefert werden. Panasonic soll dabei JPEG-Bilder sowie Videos in den Formaten DivX und MPEG-2 unterstützen. Anstelle eines USB-Slots bieten die Vieras einen SD-Kartenslot, um Bilder der Digitalkamera oder Filme eines AVCHD-Camcorders sowie DivX-Filme direkt wiedergeben zu können, Viera Image Viewer getauft.
Besonders interessant ist das auch in Verbindung mit dem kostenlosen Tool multiAVCHD von
http://multiavchd.deanbg.com, das aus HD-Videos z.B. im MKV- oder TS-Format eine entsprechende AVCHD-Filestruktur auf SD-Karte erstellen kann, die in den Panasonic-TVs laufen soll. Auch Nero will in Nero Vision der aktuellen Reloaded-Version kompatible AVCHD-Daten auf SD-Karte ausgeben können.
Panasonic nennt seine Webanwendung Viera
Cast – und liefert derzeit die Channels Tagesschau,
Bloomberg TV, Eurosport, YouTube sowie Picasa. Samsungs gehobene Klasse an Fernsehern bietet sowohl Internet-Funktionen, als auch neben dem Mediaplayer einen Menüpunkt namens Content Library. Dort gibt es Bilder aus den Bereichen Kunst, Natur und Tiere, Rezepte, Spiele (derzeit Bowling und ein Knobelspiel), eine Kinder-Rubrik mit englischen Liedern und Texten sowie einen Wellness-Bereich mit Chillout-Musik, Fitness-Übungen und Massage-Tipps.
In Sachen Internet bietet auch Samsungs TV eher wenig: Man hat Zugriff auf YouTube-Videos, allerdings nur in den SD-Varianten, kann Yahoo News, Yahoo Weather sowie Yahoo Finance abrufen, flickr-Bilder ansehen und Sudoku spielen – weitere Widgets sollen folgen. Diese Widgets klappen zunächst links devon unten nach oben auf und legen sich halbtransparent über das laufende Fernsehbild.
Auf Wunsch kann man das Fernsehbild auch verkleinern, sodass es rechts neben dem aufgeklappten Widget steht. Die YouTube-Oberfläche öffnet sich allerdings nach Auswahl eines Punktes aus dem Widget-Menü ebenso bildschirmfüllend wie das Sudoku-Spiel. Während der Platz der Widgets für Wettermeldungen und neueste Aktienwerte ausreicht, langt es bei den Yahoo News für gerade mal ein oder zwei Sätze.
Was aber tatsächlich stört, ist die langsame Reaktion auf Tastendrücke bei unserem Modell Samsung UE40B8090. Bis auf ein kurzes Blinken der Fernseherbeleuchtung gibt es im Widget-Hauptmenü keinerlei Hinweis darauf, ob die integrierte Software den Fernbedienungsbefehl registriert hat. Auch einen Fortschrittsbalken sucht man vergeblich. Hinzu kommt, dass das Navigieren im Menü von einem Punkt zum nächsten länger als eine halbe Sekunde dauert.
Im YouTube-Bereich offenbart sich die nächste Schwäche: Die Software beherrscht keine SMS-ähnliche Schnelleingabe über die Zahlentasten, sondern man muss Buchstabe für Buchstabe durch ein angezeigtes Tastaturfeld navigieren – hier wenigstens mit rund ¼ Sekunde Reaktionszeit. Hat man einen weiteren Buchstaben eingegeben, sucht die Software nach passenden Videos und zeigt ihr Thumbnail mit Kurzbeschreibung im rechten Bildschirmbereich an.
Das bringt den Prozessor ins Schwitzen, denn während der Suche wird die Cursorsteuerung deutlich träger. Bei Angabe mehrerer Schlagwörter wird anscheinend nicht nach den einzelnen Begriffen gesucht, sondern nach der kompletten Phrase. Auch eine Anmeldung an den eigenen YouTube-Account ist nicht möglich. Trotz all dieser Kritik am Internet-Modus reicht es für einen gelegentlichen Blick in die News und die beliebtesten YouTube-Videos aus. Dafür kann das Gerät eher als Mediaplayer punkten – mehr dazu im separaten Kasten.
Web-TVWenn auf einen Fernseher der Begriff Internet-TV passt, dann am ehesten auf die Philips-Modelle, in unserem Fall den Philips 52PFL9704H/12. Gleich auf der Startseite der Internet-Funktion, dem eine optionale Registrierung vorangeht, bekommt man 20 Links angeboten, darunter YouTube, eBay, tagesschau, Bild.de, Kino.de, Kicker, wetter.com, Welt Online.
Der Samsung-Fernseher zeigt
die meisten Webfunktionen als
Widget an, manchmal, wie beim
YouTube-Widget, geht es auch
in den Fullscreen-Modus.Wer "Alle Dienste anzeigen" auswählt, bekommt noch mehr Links nach Kategorien sortiert angeboten. Wem auch das nicht reicht, kann auch eigene URLs angeben. Allerdings gibt es hier gewaltige Unterschiede: Die von Philips präsentierten Dienste sind für die Betrachtung am Fernseher aus mehreren Metern Entfernung optimiert.
Eigene URLs erscheinen dagegen meist in dem normalen, vom PC bekannten Look – kein Wunder, arbeitet doch der Opera-Browser im Hintergrund. Hier gibt es allerdings auch Einschränkungen: Zunächst unterstützt der Fernseher kein Flash – was auch in Bezug auf die Navigation schwierig sein könnte, denn der Cursor ist nicht frei steuerbar sondern springt auf einer Webseite von Link zu Link. Ein zweiter Punkt, der derzeit noch zum Nachteil gereichen kann, sind die übertragenen User-Agent-Daten: Der Fernseher meldet sich mit der Kennung:
Opera/9.50 (Linux mips; U; CE-HTML/1.0 (<profilelist> <ui_profile name=\“PHILIPS_OLS_2008\“/></profilelist>; en)
an einem Webserver an. Zunächst einmal muss der Webserver mit der CE-HTML-Kennung umgehen können. Zum Zweiten muss er den Profilnamen in spitzen Klammern, der auch zur Identifizierung des Gerätes am Philips-Server benötigt wird, ignorieren oder zumindest dafür sorgen, dass die Anfrage nicht abgewiesen wird. Weiter kann es passieren, dass man, wie es zu Redaktionsschluss bei Spiegel.de der Fall war, auf die abgespeckte Seite für mobile Endgeräte weitergeleitet wird.
Bei Philips wird das TV-Bild vollständig durch das Internet-Menü ersetzt – mal eben neben dem Fernsehen Zusatzinformationen abrufen, funktioniert also derzeit nicht. Bei YouTube (auch hier derzeit nur in SD) und anderen Diensten kann man sich nicht nur anmelden, sondern auch per SMS-Eingabefeld Suchbegriffe eingeben. Sogar Bestellungen bei PosterXXL sind möglich.
Insgesamt trübt aber auch hier die träge Navigation mit 0,5 Sekunden Reaktionszeit die Freude – nach ein oder zwei Stunden des Ausprobierens treten gewissen Ermüdungserscheinungen auf, die dazu führen, dass man nur noch eine Auswahl an Diensten regelmäßiger nutzen wird. Und auch das Blättern in YouTube oder eBay ist doch eher eine Sache, wenn man sich viel Zeit nimmt oder der PC gerade nicht greifbar ist.
Wirklich Spaß macht das Surfen im Internet – YouTube eingeschlossen – bei keinem der Fernseher. Hier erleben wir ein ähnliches Phänomen wie bei den Streaming-Clients: Die Rechenleistung wirkt einfach unterdimensioniert. Gleichzeitig könnte man argumentieren, dass diese Funktionen keinen Ersatz für den PC darstellen sollen, dennoch wird mit dem Word Wide Web geworben – und da haben wir inzwischen gewisse Vorstellungen, die über eingeschränkten Zugriff oder maßgeschneiderte Seiten hinausgehen.
HbbTV in Aktion: Auf der IFA 2009 zeigten
bereits die Sender ARD und RTL mit Demos,
wie sie sich den Videotext-Nachfolger vorstellen. Da erscheint es sinnvoller, sich anstelle des Aufpreises für die mangelhafte Internetfähigkeit einen Nettop mit Atom-Prozessor entweder zum Fernseher zu stellen oder ein besonders flaches Exemplar direkt hinten an der Gehäusewand des Fernsehers zu befestigen. So ist der HD-fähige Acer Revo R3600 bereits für rund 250 Euro im Online-Handel verfügbar und kann per HDMI direkt mit dem Fernseher verbunden werden.
Die Steuerung kann bequem per Funktastatur erfolgen, ggf. auch über einen Infrarot-Empfänger mit entsprechend installierter Software, und lange Wartezeiten sowie Einschränkungen in Bezug auf Internet- oder Streaming-Technologien gehören der Vergangenheit an.
Wer Internet Explorer 8 oder Firefox verwendet, kann beliebige Websites inklusive Grafiken, Animationen und Video mit der Tastaturkombination Strg-+ vergrößern (und mit Strg-– wieder verkleinern). Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass Adobes Flash-Player derzeit nicht die Hardware-Beschleunigung des Nvidia-Grafikprozessors nutzt – im Gegensatz zu vielen anderen Playern. Ein Update ist allerdings angekündigt. Bei einem "klassischen" Netbook mit Intel-Chipsatz funktioniert die Vollbild-Darstellung von SD-YouTube-Videos gerade noch mit 1360x768 Bildpunkten.
Sieht man von der bisher im Wohnzimmer eher ungeliebten PC-Technik ab, spricht nichts dagegen, den betagten Videotext durch einen Nachfolger zu ersetzen, der mithilfe von Webtechnik Zusatzinformationen zu Sendungen sowie News liefert, Videos und Video-on-Demand-Dienste erlaubt und etwas mehr Interaktivität und Rückkanal-Funktionen z.B. für Bestellungen bietet. Ansätze in diese Richtung gab es bereits viele.
Eine der vielversprechendsten war MHP, die Multimedia Home Platform, die im Oktober 2002 eingeführt wurde, aber der ein Erfolg in Deutschland verwehrt blieb. Auch proprietäre Systeme wie OpenTV und Blucom konnten sich letztlich nicht durchsetzen, sie verwirrten den Endkunden bei der Kaufentscheidung eher als ihm zu nützen.
Mit HbbTV (
www.hbbtv.org), Abkürzung für "Hybrid Broadcast Broadband TV", soll es jetzt endlich eine neue gemeinsame Basis geben, die Fernsehen und Internet miteinander verbindet. Neben den öffentlich-rechtlichen Sendern, der RTL- und ProSiebenSat1-Gruppe sowie ausländischen Schwergewichten wie Canal+ und TF1 sind auch Firmen wie LG, Sony, Philips und Humax mit an Bord, ebenso wie alte Bekannte wie OpenTV und Opera, sodass die Chancen für eine hohe Verbreitung nicht schlecht stehen.
HbbTV greift auf existierende Standards wie "CE-HTML" (ANSI/CEA-2014.A) zurück, das unter anderem XHTML 1.0, DOM 2, CSS TV Profile 1.0 und ECMAScript-262 (JavaScript) enthält, benutzt die Browser-Spezifikation des Open-IPTV-Forums, das u.a. für die Einbindung des TV-Signals in Applikationen und für die PVR-Steuerung sorgt und beinhaltet natürlich das "DVB Blue Book A137", das u.a. das Starten und Stoppen von Applikationen im Kontext von TV-/Radioprogrammen regelt.
Zur IFA 2009 wurden bereits Prototypen mit HbbTV gezeigt, wobei RTL seine Implementierung als HD-Text bezeichnet hat. So ist zu erwarten, dass bereits zur nächsten IFA Geräte verfügbar sind. Ob sich allerdings die derzeit erhältlichen Geräte noch auf den am 27. August 2009 eingeführten neuen Standard umrüsten lassen, ist fraglich und hängt vielleicht auch von der Produktpolitik des Herstellers ab – warum alte Geräte aufrüsten, wenn man neue verkaufen kann?
Praktisch alle netzwerkfähigen Fernseher bieten Zugriff auf per DLNA freigegebene Dateien. Allerdings ist es hier vor allem auch vom Server abhängig, wie Daten übertragen werden. So beherrschen beispielsweise TVersity (
http://tversity.com) und Nero Media Home (
www.nero.com) auch das Transcoding in Echtzeit, wenn ein Client ein bestimmtes Format nicht unterstützt.
Neben den angebotenen, für den Fernseher
optimierten Diensten, kann man mit dem Philips-
Gerät auch frei im Internet surfen – solange die
Site kein Flash voraussetzt. Viel spannender ist daher die Frage, welche Formate die eingebauten Mediaplayer unterstützen. Wir haben eine USB-Festplatte mit den Testfiles bestückt, mit denen wir auch vor einigen Ausgaben Mediaplayer/Streaming-Clients getestet haben.
Das traurige Ergebnis: Der Philips-Fernseher spielt lediglich AVC-Videodaten ab, die im MP4-Container vorliegen, keine TS-Files und keine MKV-Dateien. Zwar soll TS-Unterstützung folgen, allerdings hat das Gerät auch mit einer Datenratenbeschränkung von rund 10 MBit/s zu kämpfen – Blu-rays erreichen bis zu 40 MBit/s, HDTV-Aufnahmen 20 MBit/s. Ansonsten akzeptierte der Philips im Test WMV-Dateien nur in Standard-, nicht in HD-Auflösung.
Beim Samsung sah es besser aus: Er kennt MPG, TS, VOB, MKV (ohne Kapitel oder Untertitel, dafür aber auch mit AAC-Ton), MPEG-1 und -2, WMV-HD bis 1080p, DivX aber nur in SD. Bei DTS-Ton erscheint eine Fehlermeldung. Files mit HD-Audioformaten werden in der Auswahl gar nicht erst angezeigt. Größere Probleme macht ausgerechnet TS: Der Ton blieb bei unseren Testfiles stumm (bei MKV funktionierte es), zudem wurde bei SD-Aufnahmen das 16:9-Flag ignoriert und das Bild 4:3 dargestellt – entsprechend gestaucht und mit Balken links und rechts.
Unter dem Strich kommen beide integrierten Mediaplayer nicht an die Leistung z.B. eines WDTV-Players heran, der bereits für 80 Euro im Online-Handel erhältlich ist.
GeschwindigkeitsmessungWer mal eben aktuelle Nachrichten, Sportergebnisse oder das Wetter abrufen will, bekommt die Informationen dank Videotext heute innerhalb weniger Sekunden auf dem Fernseher präsentiert. Viele Geräte arbeiten zudem mit einem Puffer, der alle Seiten im Hintergrund speichert, sodass eine Seite im Bruchteil einer Sekunde angezeigt wird. Aber wie lange dauert das bei den neuen Internet-Fernsehern?
Wir haben die ungefähre Dauer in Sekunden gemessen und geben zum Vergleich die Werte eines Medion E1210-Netbooks (nicht HD-fähig; Auflösung: 1360x768; auch 1920x1080 einstellbar) mit 2 GByte RAM (Normalausstattung: 1 GByte) und Windows 7 an. Die Bootzeit von 55 Sekunden von der BIOS-Meldung bis zum Log-in-Screen haben wir nicht in der Tabelle aufgelistet, ebenso wenig wie die Einschaltzeit der Fernseher.
(Tabelle:
http://hardware.magnus.de/QQartikelZ118497ZkapitelZ4/tabelle/geschwindigkeitsmessung.html)
Quelle: SAT+KABEL