Firmen wollen nach Pilotprojekt kein Ausschreibungsverfahren
Das offene WLAN für Berlin hat seine Industriepartner für den angekündigten Pilotbetrieb verloren. Das räumte der Wirtschaftssenat der Hauptstadt ein. Die Teilnehmer an dem Piloten waren nicht bereit, sich nach Abschluss der Versuchsphase einem Ausschreibungsverfahren zu stellen.
Das Projekt "Kostenloses WLAN für Berlin" hat sich festgefahren. Noch im Februar 2009 hieß es, dass zwei Piloten kurz vor dem Start stünden. Zum einen sollte die City Ost rund um Unter den Linden und die Friedrichstraße ausgeleuchtet werden, zum anderen die City West rund um den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße. Nun hat ein Abstimmungsgespräch des Senats mit den Interessenten im März offenbar zum Eklat geführt.
Brigitte Schmidt, Sprecherin der Senatsverwaltung für Wirtschaft sagte Golem.de: "Die Interessenten wünschen sich für den Fall eines erfolgreichen Verlaufs und einer positiven Bewertung der Pilotvorhaben eine Vergabe der öffentlichen Standorte ohne Ausschreibungsverfahren. Ohne diese Zusicherung wird eine Durchführung von Pilotvorhaben abgelehnt." Der Wirtschaftssenat und der Senator für Stadtentwicklung hatten zuvor die Nutzung der Lichtsignalanlagen und Lampenmasten für das Stadt-WLAN ermöglicht.
Die Berliner Regierung wolle die Bereitstellung der öffentlichen Ressourcen für die sogenannte "ergänzende Breitbandversorgung" jedoch weiter "unbedingt ausgeschrieben" wissen, um ein offenes, transparentes, diskriminierungsfreies und wettbewerbsorientiertes Vergabeverfahren zu gewährleisten, so Schmidt. Europäisches Wettbewerbsrecht und die Eingrenzung der Betreiberanzahl machten dies unerlässlich.
Rund drei Jahre ringt die Berliner Politik schon mit dem Thema. Fernziel bleibt laut Schmidt aber weiter, innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings kostenloses Surfen zu ermöglichen.
Quelle : www.heise.de
Der Verein Digitale Gesellschaft will WLAN-Betreiber von der Störerhaftung befreit sehen und bringt einen eigenen Vorschlag (http://digitalegesellschaft.de/wp-content/uploads/2012/06/Digitale-Gesellschaft-Gesetzentwurf-Haftungsfreistellung-fur-offentliche-Funknetzwerke.pdf) (PDF-Datei) für die Änderung des Telemediengesetzes in die Debatte ein. Die Aktivisten gehen mit ihrem Vorschlag über eine von der Berliner Koalition in Gang gebrachte Bundesratsinitiative zur Neuregelung der Störerhaftung hinaus. Der Verein versprich sich davon die bessere Verfügbarkeit von öffentlichen Netzen.
"Wer sein WLAN anderen zur Mitnutzung zur Verfügung stellt, tut etwas Gutes und sollte dafür nicht potenziell bestraft werden", erläutert Markus Beckedahl, Vorsitzender des Vereins. Nötig geworden sei die Neuregelung, nachdem der Bundesgerichtshof im Sommer 2010 entschieden hatte, dass Inhaber eines nicht "marktüblich gesicherten" WLAN-Zugangs für Ansprüche wegen Filesharing haften müssen, selbst wenn ihm der Dateitausch nicht nachzuweisen ist. Um teure Abmahnungen zu vermeiden, hätten daher viele WLAN-Betreiber ihre Netze abgeschottet, erklärt der Verein. Es sei jedoch im Interesse der Gesellschaft, dass öffentliche Zugangspunkte zum Internet geschaffen würden. So sehe der Hartz-IV-Regelsatz keine Mittel für einen Internetzugang vor und besonders Kinder seien benachteiligt, wenn sie keinen Zugang zum Internet hätten.
Der Verein will die Betreiber öffentlich zugänglicher WLAN-Netze rechtlich mit Access-Providern gleichstellen, die durch das Haftungsprivileg vor Abmahnungen geschützt sind. Dazu soll das Telemediengesetz um eine entsprechende Vorschrift erweitert werden, wonach "gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten" von der Haftung ausgeschlossen sind.
(http://www.heise.de/imgs/18/8/8/1/1/1/3/e102dd38dbc7365f.jpeg)
Damit geht der Vorschlag deutlich über den unter anderem vom Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Hansjörg Schmidt im Januar eingebrachten Antrag hinaus. Der SPD-Angeordnete will zwar ebenfalls ein Haftungsprivileg für Betreiber öffentlicher Funknetze im Telemediengesetz festschreiben, sieht aber weiterhin "technische Schutzmaßnahmen" gegen potenziellen Missbrauch vor. Darunter können Authentifizierungsmaßnahmen fallen, wie sie derzeit vor allem kommerzielle Hotspot-Betreiber anbieten.
Für die Digitale Gesellschaft sind solche Zugangsschranken jedoch nicht akzeptabel. So sei unklar, wer hafte, wenn es hier zu Fehlern komme. Von den Gästen den Personalausweis vorzeigen zu lassen, sei zu aufwändig. Gegenüber heise online räumt Beckedahl ein, dass durch die vorgeschlagene Neuregelung auch berechtigte Abmahnungen in der Praxis schwer durchzusetzen wären: "Wir denken, dass es eher vertretbar ist, wenn Abmahnen unattraktiver wird, als wenn es – wie bisher – kaum offene Netze gibt, weil man sonst eventuell für Fehler anderer einstehen müsste."
Dass der Gesetzesvorschlag Realität werden wird, ist aber eher unwahrscheinlich. So begrüßte Hansjörg Schmidt zwar die konstruktive Initiative aus Berlin, bezweifelte jedoch, dass eine so weit gehende Neuregelung durchzusetzen sei. "Ich sehe derzeit keine Mehrheit für eine komplette Abschaffung der Störerhaftung", erklärte der Abgeordnete gegenüber heise online.
Quelle : www.heise.de