Mit Angaben zu Einkommen und Vermögen die eigene Schufa-Bewertung verbessern?
In einem Interview mit der Wirtschaftswoche hat der Schufa-Vorstandsvorsitzende Rainer Neumann den Vorschlag gemacht, dass Verbraucher der Schufa freiwillig mehr persönliche Daten liefern sollten. So sollen sie ihre Schufa-Bewertung verbessern können.
Bisher speichert die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) einen "Überblick über die Kreditverpflichtungen des Verbrauchers", um auf Anfrage Auskunft darüber zu geben. Ein Problem der Schufa sei, dass Einkommen und Vermögen der Verbraucher bisher nicht erfasst seien. Mit weiteren Verbraucherdaten ließe sich das Risiko eines Kreditausfalls besser beurteilen, so der Schufa-Chef. Er stellte Überlegungen an, ob nicht die Verbraucher der Schufa freiwillig persönliche Daten überlassen könnten. "Das könnten zum Beispiel Daten zu Einkommen, Vermögen oder Geldanlagen sein", so Neumann.
Datenschützer sind von dieser Idee keineswegs begeistert. Die Sprecherin der nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten, Bettina Gayk, erklärte dazu: "Ich würde allen Konsumentinnen und Konsumenten dringend davon abraten, der Schufa diese Daten zu geben, denn es ist für den Einzelnen überhaupt nicht absehbar, welche Konsequenzen die Schufa aus dieser Information zieht.". Der gläserne Bürger würde mit der freiwilligen Preisgabe von Daten einen großen Schritt näher rücken.
Auch in der Vergangenheit war immer wieder heftige Kritik an der Schufa geäußert worden. So hatte im vergangen Jahr der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar die Ausdehnung des Geschäftsfeldes der Schufa auf die Wohnungs- und Versicherungswirtschaft scharf kritisiert: "Ich halte es nicht für richtig, dass zunehmend Branchen, die kein kreditorisches Ausfallrisiko eingehen, z.B. die Versicherungswirtschaft, nur noch mit den vermeintlich 'Guten' und 'Unbescholtenen' Geschäfte machen wollen und dabei nicht nur harte Bonitätsfakten für die Beurteilung heranziehen, sondern alle möglichen Daten, die zu einem Score-Wert zusammengefasst werden."
Die Schufa versteht sich selbst als "serviceorientierter Dienstleister rund um die Kreditgewährung" nicht nur für Unternehmen sondern auch für Verbraucher: "Den Vertragspartnern erlauben die Schufa-Dienstleistungen eine schnelle und einfache Kreditvergabe bei reduzierten Risiko- und Kreditbearbeitungskosten. Der Nutzen für den Verbraucher ist umso höher, je rascher und verlässlicher Anfragen bearbeitet werden." Unternehmen profitieren davon, dass die Schufa aus Einzeldaten auf Anfrage einen so genannten "Score", also einen Risikowert berechnet. Der Score, ein Wert zwischen 1 und 1000, beziffert das Risiko, dass ein Verbraucher einen Kredit nicht zurückzahlen kann.
Quelle : www.golem.de
Das angekündigte Forschungsprojekt des Auskunftsdienstes Schufa und des Hasso Plattner-Institutes (HPI) stößt auf Ablehnung in allen politischen Lagern. Ob die Diskussion um das Projekt zu einer grundsätzlichen Änderung beim Datenschutz im Zeitalter sozialer Netzwerke führt, bleibt offen.
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Die Piratenpartei sieht die Debatte über die Schufa als Beweis dafür, dass in der heutigen Zeit die Medienkompetenz unverzichtbar ist. Ohne das Bewusstsein über die Risiken der sozialen Netzwerke und das mögliche Zusammenführen öffentlicher Daten sei die Debatte fruchtlos. Die Piraten verweisen dabei auf ihr Programm, in dem ein durchsetzbarer unentgeltlicher Auskunftsanspruch gegenüber Datensammlungen gefordert wird. "Es kann nicht sein, dass eine Organisation, die über jeden Bürger Persönlichkeitsprofile mit sensiblen Daten für Auskunftszwecke anlegt, bewusst ausnutzt, dass großen Teilen der Bevölkerung nicht klar ist, wofür veröffentlichte Daten genutzt werden können. Es ist ein legitimes Ziel, Kreditausfälle minimieren zu wollen, aber die Datensammlung muss klare Grenzen haben", erklärte der Parteivorsitzende Bernd Schlömer.
Für die Grünen zeigt die Debatte, dass in Zukunft "rote Linien" beim Datenschutz gezogen werden müssen, die datensammelnden Unternehmen in Deutschland eindeutige Grenzen setzen. "Wenn wir es zulassen, dass sämtliche im Netz verfügbaren Informationen für eine derartige, unternehmerische Kaffeesatzleserei mit unabsehbaren Folgen sowie zum Anschmuddeln von Bürgerinnen und Bürger missbraucht werden können, wird Stigmatisierung zum Alltag und verfassungsrechtlich garantiertes Persönlichkeitsrecht zum Treppenwitz", erklärten der netzpolitische Sprecher Konstantin Notz und die verbraucherpolitische Sprecherin Nicole Maisch.
Ulrich Kelber, Vize-Vorsitzender der SPD-Bundestagfraktion, die seit einiger Zeit das Schreckgespenst Schufa kritisiert, sprach von einem "Horrorszenario", das nicht geduldet werden dürfe. Für die Linksfraktion ist die Schufa mit dem Versprechen, ihren Kunden Kontrolle über die von Fremden ins Internet gestellten Daten zu bieten, "an Dreistigkeit kaum zu überbieten", wie Vorstandsmitglied Jan Körte erklärte. Seine Partei sehe das Forschungsprojekt in einer Linie mit Vorhaben wie der ELENA-Zentraldatei oder der elektronischen Gesundheitskarte, bei denen immer neue Gefahrenpotenziale geschaffen würden.
"Meine Daten gehören mir", sei der liberale Grundsatz der FDP, erklärte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle gegenüber Spiegel Online. Seine Kollegin, die innenpolitische Sprecherin Gisela Piltz, machte eine Rechnung auf: "Zahl der Freunde mal Herkunft der Arbeitskollegen plus Farbe der Hausfassade minus Musikgeschmack und das Ganze dann noch multipliziert mit Kontodaten, Versicherungsverträgen und Ratenzahlungsvereinbarungen – ein solches Szenario darf nicht Realität werden“, erklärte die Politikerin.
Axel Bernstein, der datenschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, erklärte, es dürfe nicht sein, dass Daten aus sozialen Netzwerken für Bonitätsprüfungen ausgewertet werden. Schufa-Chef Michael Freytag gehört der CDU an. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner von der CSU vertrat die Ansicht, dass die Schufa nicht zum Big Brother des Wirtschaftslebens werden dürfe. Zuvor hatte bereits ihre Parteikollegin Beate Merk als bayerische Verbraucherschutzministerin deutliche Kritik an den Schufa-Plänen geäußert.
Quelle : www.heise.de